Im Westen war sie bisher völlig unbekannt: Die „Arapi – Südwand“ in den nordalbanischen Alpen. Mit 800 Metern Wandhöhe und 1000 Klettermetern ist sie die mit Abstand höchste Wand aller Balkanländer und damit etwa doppelt so hoch wie die „Anica Kuk“ in Kroatien und immerhin fast anderthalb mal so groß wie die „Peretele Vaiia Alba“ in Rumänien. Jetzt gelang einem internationalem Kletterteam im Rahmen der Geoquest-Kletterexpedition 2010 in 18 Seillängen der freie Durchstieg.
Gefahren gab es durch einige lose Blöcke in manchen Passagen, wobei die Größenordnungen im Bereich von Mikrowellen und großen Fernsehern blieben und Kühlschränke oder gar Telefonzellen zum Glück nicht beseitigt werden mussten. Ein großer Fernseher kippte ganz zum Schluss dummerweise auf den Fuß eines Teilnehmers, zerbrach dort einen Zeh, bevor er sich 400 Meter in die Tiefe stürzte, in Wandmitte aufschlug, zerbarst und weitere 400 Meter tiefer am Wandfuß einen Steinregen verursachte.
Die Wand wurde von unten her mit leichter Boschbohrmaschine kletternd innerhalb von 4 Klettertagen mit minimaler Sicherung eingebohrt. Im Nachgang brachte ein zweites Team Fixseile an und ergänzte fehlende Haken, so dass die ganze Aktion insgesamt 7 Tage in der Wand erforderte.
Info
Insgesamt ist die Felsqualität solide, gut griffiger quer gebänderter Triaskalk mit großen Henkeln im unteren Wandteil wird von kompaktem Jurakalk im oberen Teil abgelöst, dort finden sich dann auch die Hauptschwierigkeiten. Es gibt drei schwere Längen: zwei 8- und einmal 8. Alle Standplätze sind mit zwei verbundenen Bohrhaken versehen, auch die schweren Einzelstellen sind gut gesichert. Für die Strecken zwischendurch braucht man ein Set Camalots, Größen 1 und 2 doppelt (eventuelle durch Link Cams ergänzen). Klemmkeile wurden nicht benötigt, wer möchte, kann natürlich trotzdem 3-4 Stopper mitnehmen. Kletterzeit ist etwa 14 Stunden, in der Mitte der Wand ist ein geräumiges, überdachtes Biwakband für den Notfall. Man kann entweder hintenrum absteigen (unglaubliche zerschroftes, faszinierendes Karstgelände mit Dolinen und Höhlen, unbedingt vorher erkunden) oder einfacher direkt über die Route abseilen.
Fotobericht und Topo findet ihr im Beitrag Geoquest Albanien-Kletterexpedition 2010 auf geoquest-verlag.de
Die Kletterroute wurde eingerichtet durch
- Axel Hake, Redakteur Klemmkeil, (Braunschweig)
- Christiane Hupe, Geoquest (Halle)
- Daniel Wilhelm, DAV Augsburg
- Ferdinand Triller, DAV Augsburg
- Gerald Krug, Geoquest (Halle)
- Gerhard Duro, Club Partizan, Tirana (Albanien)
- John Ely, Washington (USA)
- Steffen Heimann, No Limit (Leipzig)
Die erste Durchsteigung gelang Gerald Krug und Axel Hake, die erste Rotpunktbegehung sicherten sich Daniel Wilhelm und Ferdinand Triller und die erste durchgehende Einzeldurchsteigung (alles im Vorstieg) und gleichzeitig Damenbegehung ging an Christiane Hupe, gesichert und gefolgt von Steffen Heimann.
Für Albanien erhofft sich die Gruppe, mit dieser Aktion ein Startsignal ins vertikale Zeitalter gegeben zu haben.
Um das Sportklettern auch in normalen Größendimensionen zu etablieren, hat das Team 20 Kilometer von der Hauptstadt Tirana entfernt noch das erste Sportklettergebiet des Landes eröffnet. Es heißt Bovilla, liegt idyllisch gelegen am gleichnamigen Stausee und bietet mittlerweile 14 bohrhakengesicherte Sportklettertouren von 4 bis 9 an Platten, senkrechten Wänden sowie Überhängen mit großen Sintern.
… weitere Infos findet ihr im Beitrag Geoquest Albanien-Kletterexpedition 2010 auf geoquest-verlag.de