Autor: Frank Bültge
Die britische Klettererlegende Joe Brown sagte einmal, dass jede Kletterei, die mit Steigeisen leichter zu bewältigen sei als ohne, als Eiskletterei betrachtet werden kann. Eine derart weitgefasste Definition ist heute notwendig, um sämtliche Spielformen des modernen Eiskletterns zu erfassen. Eine dieser Spielformen ist das Wassereisklettem: Wo immer Wasser und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt zusammentreffen, entsteht Wassereis. Dieser Umstand lässt gerade in den Hochwintermonaten Dezember bis Februar in vielen Alpentälern Klettergerüste aus Eis wachsen – gefrorene Wasserfälle und wassereisüberzogene Felswände. Noch vor zehn Jahren galten Begehungen gefrorener Wasserfälle als besondere Herausforderungen für erfahrene „alpine Eiskletterer“. Man lernte die Klettermaterie Eis im alpinen Gelände kennen und brachte diese Erfahrungen in das Wasserfallklettern ein. Ähnlich wie im Felsbereich hat sich auch im Eisklettern die Entwicklung umgekehrt. Übereinstimmungen zwischen den athletischen und bewegungstechnischen Voraussetzungen von Wassereisklettem und Sportklettern im Fels, eine rasante Entwicklung im Ausrüstungsbereich und die gute Erreichbarkeit vieler Wasserfälle sind die Ursachen für den Trendwandel: Heute finden sich unter den Anfängern des Eiskletterns mehr Sportkletterer als Alpinisten. Wassereis ist oftmals auch die Materie des Einsteigers und nicht mehr nur die des Meisters. Dies ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite werden von diesen Meistern gerade im Wassereis die Grenzen des Machbaren immer weiter hinausgeschoben. Um diesem Status quo gerecht zu werden, beschreiben auch ich hier den Einstieg in das Eisklettern über das Wassereisklettem und setzen dabei lediglich Kenntnisse aus dem Bereich des Sportkletterns im Klettergarten voraus. Steileisklettern ist also sportliches Klettern im Eis. Es fordert Mut, Kraft, Ausdauer und eine gute Moral. Eisklettern bietet besonders vielfältige Möglichkeiten an: von steilsten Eisrinnen über große alpine Wände bis hin zu gefrorenen Wasserfällen. Wobei die extremste Form das Mixed Climbs ist, das kombinierte Klettern in Eis und Fels.Ich werde besonders auf die Technik des Eiskletterns eingehen, denn ein gewisses technisches Verständnis ist von großem Vorteil beim Wasserfallklettern. Außerdem gibt es eine Vielzahl von technischen Geräten, mit zum Teil großen Unterschieden in ihrer Leistungsfähigkeit. Ich hoffe, dass ich den Profis einige News vermitteln kann. Aber gerade den Neueinsteigern möchte ich hirmit einen Einstieg in diese wundervolle Sportart ermöglichen.
1. Ausrüstung
Auch die beste Ausrüstung kann fehlendes Können und fehlende Erfahrung nicht ersetzen. Aber eine gute Ausrüstung macht im Eis einiges angenehmer und sicherer. Dis Ausrüstungspalette für den Kletterer ist so umfangreich und vielfältig, dass hier nur im begrenzten Rahmen darauf eingegangen werden kann. Außerdem ist die Entwicklung in dieser jungen Sportart sehr schnell und in ständigen Umbruch. Zur genaueren Information sollten Ausrüstungsfirmen konsultiert werden. Sie geben umfangreiches Material heraus, welches meist sehr anschaulich und verständlich ist. Neben der allgemeinen Ausrüstung eines Alpinisten, wird im Eis einige besondere Anforderungen an die Ausrüstung gestellt.
1.1 Bekleidung
Kälte und Nässe. Gegen beides sollte eine Kleidung schützen. Dabei sollte sie aber auch eine größtmögliche Bewegungsfreiheit schaffen. Man sollte sich deshalb in Zwiebelprinzip kleiden.
- Unterste Schicht: -möglichst atmungsaktive FunktionsunterwäscheMittlere Schicht -Hose und Pullover aus Fleece
- Obere Schicht -wasserdichte und atmungsaktive Schicht, Handschuhe und Gamaschen (Goretex).
Die Hände stellen beim Eisklettern ein großes Problem dar, einerseits möchte man große Bewegungsfreiheit, andererseits Wärme. Die ständige Überkopfhaltung und das gelegentliche Klemmen der Finger sorgt für eine schlechte Durchblutung der Hände und macht sie deshalb besonders kälte- und nässeempfindlich. Ein zweite Paar Handschuhe ist deshalb unabdingbar. Hierbei gebe ich den Neopren- mit dünnen Unterziehhandschuhen oder Wollhandschuhen den Vorrang im Eis. Als dünner Unterziehhandschuh eignet sich auch sehr gut Arzthandschuhe oder Haushaltshandschuhe. Dadurch bleiben die Hände trocken. An Standplätzen sollte man in neue Handschuhe wechseln oder einen Überziehhandschuh nutzen. Bei der Kopfbekleidung ist ein Helm oberstes Gebot. Bei besonders kalten Temperaturen kann man eine Mütze oder Sturmhaube darunter tragen. Zum Schutz der Augen ist eine Gletscherbrille oder Skibrille zu empfehlen. Besonders vor UV-Strahlung und kleineren Eissplittern. Bei den Schuhen besteht die Wahl zwischen dem Lederbergschuh, dem Plastikstiefel oder einem Skitourenstiefel. Jedes Produkt hat seine Vor- und Nachteile. Besonders sollte auf exzellentem Sitz geachtet werden, da man sich einen Großteil auf den Frontzacken bewegt. Hierbei ist der Fersensitz besonders wichtig. Das Kälteproblem kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, da ein ständiger Aufprall der Zehen am Eis stattfindet.Lederbergschuh: -sehr gut Beweglichkeit, geringes Gewicht, NässedurchlässigkeitPlastikbergschuh: -gute Wärmeisolierung. Nässeunempfindlichkeit, gute Beweglichkeit, hohes GewichtSkitourenstiefel: -gute Wärmeisolierung, Nässeunempfindlichkeit, für Zustiege mit Ski bestens geeignet, schlechte BewegungsfreiheitUm den Schuh warm zu halten, sollte man ihn vor allem vor Nässe schützen. Dies lässt sich zusätzlich mit Gamaschen erreichen. Sie verhindern das Eindringen von Schnee in den Schuhoberrand. Hier gibt es die unterschiedlichsten Modelle, jeder kann nach Preis und Farbe entscheiden.
- Wasserdichte Bekleidung
- Wasserdichte Handschuhe
- Steigeisenfester Bergschuh
- Steigeisen
- Eisgeräte
- Helm
- Brust- und Hüftgurt
- Doppelseil oder Zwillingsseil
- Eisschrauben
- Hakensortiment und Felshaken für Felssicherung
- Karabiner, Expressschlingen und Bandschlingen
- Erste Hilfe Set
1.2 Hardware
Helm
Ein Helm ist unerlässlich, denn es besteht die Gefahr von Eisschlägen, gerade für den Nachsteiger, und unkontrollierten Stürzen. Mittlerweile gibt es besonders für das Eisklettern konstruierte Helme, welche einen Nackenschutz und ein Visier aufweisen. Helmverzicht wäre unverantwortlich, auch dem Seilgefährten gegenüber.
Brust und Sitzgurt
Die Gurtsysteme müssen den aktuellen Normen (UIAA oder DIN) entsprechen. Der Gurt sollte sollte sehr gut eingestellt werden, da es bei schlechter Einstellung der Schlingen zu schlechter Blutzirkulation kommen kann. Sämtliche Kräfte werden über den Gurt auf den Kletterer übertragen. Außerdem sollte der Gurt ausreichend Materialschlaufen aufweisen, da man möglichst schnell an das Material kommen muss. Die Eisschrauben und Karabiners sollte man seitlich, hinten am Körper transportieren. Seil Die Länge des Seils sollte mindestens 50 Meter betragen, da man durch einlängeres Seil, gerade in längeren Routen, einige Standplätze du somit Zeit sparen kann. Auch müssen die Seile den gültigen Sicherheitsnormen entsprechen. Besonders sollte man hier mit Doppel- oder Zwillingsseilen klettern. Gerade beim Abseilen lernt man das Doppelseil schätzen, denn hier lassen sich größere Strecken zurücklegen, das heißt auch weniger Abseilpunkte einrichten. Zusätzlich hat man beim Doppelseil einen höheren Kantenschutz. Außerdem empfiehlt es sich mit vorimprägnierten Seilen zu klettern, da diese weniger Wasser ansaugen. Dadurch sind sie leichter, gefrieren nicht so leicht und ermöglichen ein besseres Händling.SchlingenmaterialEine gewisse Anzahl an Schlingen sollte man immer dabei haben, denn hier lässt sich die Routenführung und die Schraubenbelastung verbessern. Karabiner. Abhängig von der gewählten Tour ist das Karabinerset, was sich in Hüftnähe befinden sollte. Eine ausgewogene Anzahl ist wichtig, da man hier Gewicht sparen kann.1.3 Eisgeräte und Steigeisen
Steigeisen
Grundsätzlich eignet sich jeder Zwölfzacker[5] zum Eisklettern. Man sollte jedoch unbedingt auf die Stellung der Frontzacken achten. Senkrecht gestellte Frontzacken oder Monozacken ermöglichen einen besseren „Biss“ im Eis. Die Befestigung sollte über eine Kipphebelbindung verfügen, denn die lässt sich im Ab-. und Zustieg schneller entfernen bzw. befestigen. Unbedingt sollte auf eine unverrückbare Verbindung geachtet werden, da ansonsten Vibrationen entstehen und dadurch den Halt am Schuh nicht mehr gewährleisten. Eine Verstellbarkeit der Eisen, wodurch sie sich an jeden Schuh anpassen lassen, sollte vorhanden sein. Außerdem sollte man hohe Steifigkeit der Steigeisen achten. Hierbei gilt, eine gute Anpassung an den jeweiligen Schuh ist die Bedingung für hohen Halt. Dies gewährleistet eine genaue Kraftübertragung der Fußbewegung auf das Eisen und somit in die Wand.
Eisgeräte
Die Eisgeräte unterscheiden sich deutlich von denen, die beim Eisgehen verwendet werden. Hierbei ist eine ständige Veränderung der Entwicklung zu bemerken, denn die modernen Eisgeräte haben eine derartige Leistungsexplosion erst möglich gemacht. In jedem Fall klettert man mit zwei Gräten. Man klettert mit sogenannten Eisbeilen (auch Eisäxten). Diese haben einen kürzeren Schaft als Eispickel. Außerdem sollte man ein Beil mit Hammer und ein Beil mit Schaufel am Kopf dabei haben. Diese benötigt man zum Setzen der Sicherungsmittel. Weiterhin sollte man eine Krümmung im Schaft haben, da so die Hände etwas geschützt werden. Außerdem erleichtert es das Einschlagen im Eis. Die Geräte sollten ein gutes Gewichtsverhältnis aufweisen. Das heißt, der Kopf sollte etwas schwerer sein, wodurch der Zug enorm verbessert wird, und die Haue sollte einen spitzen Winkel zum Schaft aufweisen. Zusätzlich sind Handschlaufen wichtig, da man dadurch die Unterarmmuskulatur entlastet.Hierbei muss jeder sein bestes Gerät finden. Das Gerät muss für den Kletterer zugeschnitten sein. Ein Verhältnis von körperlichen Voraussetzungen und dem Gewicht des Eisbeils ist wichtig.