In den Klettergebieten Thüringens dominiert das Sportklettern, bei dem man in der Regel genügend Sicherungen in Form von vorhanden Haken findet. Sollten die vorhandenen Sicherungen nicht ausreichen, so kann jederzeit mit Hilfe von mobilen Sicherungsmitteln die Sicherheit erhöht werden. Verwendung finden dabei vorrangig Schlingen, Klemmkeile und Klemmgeräte. Allerdings gibt es auch noch einige wenige Routen, bei denen die Spielform des technischen Kletterns in Erscheinung tritt. Und auch in anderen Gebieten der Welt ist das technische Klettern noch nicht weg zu denken.
Wer noch keinen Einblick in die Artif-Bewertung hatte und seinen Horizont von dieser Richtung ein wenig erweitern will, der findet hier einige Hinweise zum Lesen von Artif-Bewertungen. Was habe ich als Wiederholer einer solchen Route zu erwarten und was muss ich mitnehmen? Die kryptischen Buchstaben der Bewertung für technische Routen erschließt sich dem Einsteiger nur langsam ohne entsprechende Literatur oder Altmeister dieser Kletterform.
Die Artif-Bewertung gibt dem Techno-Freak wichtige Informationen über den Begehungsstil, wie komplex die Linie und wie die Qualität der Sicherungen ist. Ebenso erfährt der Aspirant, wie gefährlich die Route ist und ob die Sicherungen einen Sturz halten können.
Die A-Bewertung ist von A0 bis A6 (wobei A6 eigentlich kaum machbar ist und in der Diskussion steht) gestaffelt und beschreibt das künstliche Klettern. Eine Unterteilung findet nochmal mit + und – statt, um besser unterteilen zu können. Das A ist dabei vom französischen Wort „artificiel“, was soviel heisst wie „künstlich“ hergeleitet und wird für technisches Klettern verwendet. Beim technischen Klettern kann alles zum Einsatz kommen, was den Aspiranten dem Gipfel näher bringt. Die Liste der zu verwendenden Hardware ist schier endlos und liest sich wie eine Liste von Fremdwörtern. Nicht immer kann man mit jedem Begriff etwas anfangen und ein genaues Hinschauen ist wichtig. Viele Teile sind mittlerweile nur noch zum Vorwärtskommen konzipiert und würden nie einen Sturz halten. Vertrauen und Erfahrung spielen eine große Rolle in dieser Spielart des Kletterns.
Unterschieden wird aber trotzdem auch beim technischen Klettern – mit oder ohne Felshammer. Dazu dient die C-Bewertung, bei der alle Sicherungsmittel ausschließlich mit der Hand im Fels verankert werden, auch Haken dürfen genutzt werden. Dies ist das so genannte Clean-Klettern.
Nun ein wenig zu den Unterscheiden der einzelnen Grade. Eine Route, die eine A0 als Bewertung hat, ist noch solide und bietet gute Sicherungen, in die auch ein Sturz erfolgen kann. Greift man in Sportkletterrouten beispielsweise in den Haken oder die Expressschlinge um weiter zu kommen, so ist dies auch eine Begehung im A0-Stil.
Bei A1 und A2 wird es schon deutlich anspruchsvoller und schwierig eine solide Sicherung zu platzieren. Unter den Sicherungen sind aber immer noch genügend, die einen Sturz halten können. In Routen mit diesen Bewertungen kommt schon Hardware zum Einsatz, die nur dem Vorwärtskommen dient und keinen Sturz halten würde. Hat man mehrere dieser Sicherungen hintereinander, so kann ein Sturz schon mal sehr lang ausfallen.
Steigt man in A3-Routen ein, so sollte man schon etwas Übung haben, denn hier werden die Flüge schon wesentlich weiter und auch das Arbeiten in der Vertikalen dauert eine Ewigkeit. Der Zeitfaktor spielt schnell eine Rolle und das Gepäck wird dementsprechend mehr. Steigt man in die großen Touren dieser Welt ein, zum Beispiel am El Cap im Yosemite Tal in den USA, so kann man schon mal einige Tage in der Wand verbringen.
Die Steigerung ist eine A4-Tour und das derzeitige Schlusslicht A5+. In Touren mit dieser Bewertung hält eigentlich nichts, hier kommt der Faktor Vertrauen ins Spiel – jede Sicherung bekommt eine Portion davon und wird damit an den Fels gekittet. Kommt es hier zu einem Sturz, so gehen die Sicherungen mit großer Wahrscheinlichkeit im Reisverschlussverfahren auf und man hängt weit unter dem Sicherungspartner. Das Verletzungsrisiko ist sehr hoch und es gibt nur wenige Personen, die diesem Sport, in einem derartigen Level, richtig Spaß abgewinnen können.
Die erwähnte C-Bewertung beim Techno-Klettern bewegt sich von C1 bis C3+ und gibt ebenso Aufschluss über Qualität, Anspruch und Sicherungen. Eine C3-Route entspricht ungefähr dem Gefahrenpotenzial einer A4-Länge. Derzeit ist C4 noch in der Diskussion – ist sie bestätigt, so entspricht das Gefahrenpotenzial einer A5-Seillänge. Dieser Trend ist sicher nicht zu verleugnen, denn die mobilen Sicherungen werden besser und kleiner, denken wir nur an die aktuellen Klemmgeräte von Black Diamond und Wild Country (siehe Vergleichstabelle von Klemmgeräten). Durch diesen Trend sind beispielsweise in den letzten Jahren einige A-Bewertungen um eine C-Bewertung reicher geworden.
Erscheint in der Bewertung ein F hinter der C Bewertung, so findet man in der Route fixierte Sicherungen, z.B. Haken oder Copperheads. Diese vorhandenen Sicherungen dürfen natürlich dann genutzt werden. Verlassen kann man sich auf diese Sicherungen nicht – fehlen diese fixen Sicherungsmittel und man hat keinen Hammer und entsprechendes Material dabei, so wird es wohl wesentlich spannender. Gerade an Punkten, bei denen fixes Material hinterlassen wurde und nun dieses Material nicht vorhanden ist, sieht es oft schlecht aus mit Klettern im Clean-Aid-Stil. Da hilft nur eine große Portion Mut oder Abseilen. Aber auch hier muss man sich im Vorfeld gut über die Route informieren, denn nicht aus jeder Route ist einfach so abgeseilt. Gerade in großen Wänden gibt es oft einen „Point of no return“.
Neue Schwierigkeitsbewertung im Techno-Klettern
Thomas Tivadar, aktiver Technospezialist und Begründer des „Clean New Wave“-Stils, deren Anhänger auf Bohrhaken verzichten, schlägt derzeit eine neue Bewerung im Technosport vor. Dabei möchte er die Schwierigkeitsskala zweiteilen – Gradeinteilung und Gefahrenbewertung. Die Gefahrenbewertung wird dabei in vier Kategorien eingeteilt (a-d). Die Gradeinteilung ist von A0 -A6 eingeteilt und bewertet die Schwierigkeit und die Ausrissfestigkeit.
Gefahrenbewertung | Erläuterung |
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a | solide Stürze von max. 2m über der Sicherung, kein Aufprall- oder Verletzungsrisiko |
b | Stürze über 5m, eventuelles Ausreisen der Fortbewegungspunkte ist möglich, in der Regel nur leichte Verletzungen |
c | Stürze bis 30m ohne ernsthafte Verletzungen oder Sturzrisiken in nicht definerter Höhe und der Gefahr schwerer Verletzungen |
d | Stürze über 30m, aber ohne ernsthafte Verletzungen oder Stürze ohne definierte Höhe mit erheblichen und schweren Verletzungen |