Die Pyrenäen, die Tour, der GR 10, der HRP

Autoren: Text: Giso, Foto: Gregor

Bild1Am Anfang war das Feuer und die Erde brannte, alles Leben auf der Erde war am entstehen. So auch die heutigen sich zwischen Spanien und Frankreich erstreckenden Pyrenäen. Ein Gebirge dessen Berge schon an den Wolken kratzen, was wir auch zu spüren bekommen sollten. Mitte August des Jahres 2002 machten wir uns auf den Weg. Wir hätten vorher wissen sollen, dass dies das Jahr des Regens war. Aber wir haben es überlebt und keine Leichen zurück gelassen. Der Ausgangspunkt unserer Reise war Perpignan. Damals war es noch möglich dorthin mit dem Flugzeug ab Frankfurt/Hahn zu gelangen. Mittlerweile wird diese Strecke von Ryanair nicht mehr beflogen. Rechtzeitiges buchen garantiert wie so oft den günstigsten Preis. Wir hatten gerade mal 125 Euro/pro Nase bezahlt. Von Perpignan ging es dann weiter mit dem Zug in Richtung Lourdes, ein bekannter Wahlfahrtsort unter den Christen. So kamen wir mitten in der Nacht gegen zwei Uhr morgens in Lourdes an. Zu unserem Pech waren zu dem Zeitpunkt natürlich alle Campingplätze geschlossen. So dass wir uns entschlossen hatten anderweitig ein Nachtlager zu suchen. Die Suche trug wieder einmal eins zu Tage, Wanderschuhe sollte man vorher gut einlaufen sonst gibt es Blasen und das Laufen wird zur reinen Qual. So erging es zumindest mir. Man(n) jammert rum, denn eigentlich war jeder Schritt zuviel. Ein hoch auf meine Begleiter, die mich währenddessen ausgehalten haben. Gegen sechs Uhr in der Früh ging wirklich nichts mehr. Wir waren nun gut 24 Stunden unterwegs, so dass wir auf einem Parkplatz unser Lager aufschlugen. So konnten wir uns wenigstens ein paar Stunden im Schlaf von den ersten Strapazen erholen.

Bild2Am folgenden Tag begaben wir uns auf die Suche nach einem Zeltplatz. Alleine mit einer halben Flasche Wasser bewaffnet und der brennden Sonne über uns. Der Zeltplatz diente uns als erste Erholungsstätte und zum anderen als Möglichkeit mal etwas zu essen. Aber eigentlich suchten wir nach einer Möglichkeit nach Laruns zu kommen, da wir von dort aus starten wollten. Wir fragten in einer Kaufhalle nach ob und wo ein Bus oder ähnliches dorthin fahren würde. Die Antwort stimmte uns nicht gerade fröhlicher. Da man uns aufs höflichste belächelte, denn wie auch wir dann feststellten war die Straße für Busse einfach zu steil. Die einzige Möglichkeit wäre entweder Taxi oder zu Fuß. Wir erspähten einen Zeltplatz auf der Karte und schritten mit frischem Wasser darauf los. Man kann sagen er lag auf unserem ersten Berg. Also gingen wir immer schön die Straße entlang. Wenige Wochen zuvor sind hier noch Lance Armstrong, Richard Virenque und auch Erik Zabel runter gerast. Was sicher leichter war als der Weg hinauf bei schweißtreibendem Sonnenschein. Bald schlugen wir ein zweites Mal an jenem Tag unser Zelt auf. Bei herrlicher Aussicht nahmen wir dann unser kräftigendes Mahl ein.

Bild3Aus sicherer Entfernung vernahmen wir am Abend ein Gewitter. Einige Tage später sollte es uns nicht anders ergehen. Wir kamen den „großen“ Bergen immer näher. Zwei Tage später in Arrens-Marsous saßen wir gemütlich in unserem Zelt und spielten eine Runde Idiotenmau, als wir ein Gewitter in der Ferne hörten. Gerade überlegten wir noch wie lange man vom Blitz zum Donner zählen muss, um die Entfernung des Gewitters auszurechnen. Als auch schon der Blitz und keine Sekunde später der Donner über uns herein brachen der seinesgleichen suchte. In dieser Sekunde konnten wir einfach nur noch lachen. Dieses Gewitter war für uns drei das erste, das wir in einem Zelt erlebten. Zu jenem Zeitpunkt fand ein Rendezvous von drei Gewitterfronten statt.

Nach 3 Stunden ließ es dann etwas nach. Ich hörte damit auf Kinderlieder wie „Auf der Mauer auf der Lauer sitzt ne kleine Wanze“ oder „Drei Chinesen mit nem Kontrabass“ zu singen, um mich zu beruhigen. Nachdem wir die Nacht überstanden hatten, sollte es am nächsten Morgen direkt in den Parc National des Pyrénées gehen. Wir stellten fest, dass wir nicht die einzigen an diesem Montag im August sein sollten mit der Idee. Auf dem Parkplatz kurz vor dem Eingang tummelten sich die Autos. Touristen die nur einen kleinen Abstecher zu einem nahe gelegenen Refuge machen, um dort einen Kaffen zu trinken und dann wieder kehrt zu machen. So lichteten sich die Touristen allmählich auf unserem weiteren Weg. Die Baumgrenze ließen wir auch bald hinter uns und die Berge strahlten im Licht der Sonne. Das Ziel des Tages war eine Schutzhütte, in Frankreich Refugee genannt. Es ist nicht gestattet im Nationalpark ohne Erlaubnis sein Zelt aufzustellen. Ist der nächste Campingplatz allerdings zu weit entfernt oder die Nacht bricht schon herein ist ausnahmsweise gestatt sein Zelt auch im Nationalpark aufzustellen. Man sollte sich allerdings vor den Kühen und Schafen in Acht nehmen. Sie laufen dort frei herum und traben abends ins Tal. Natürlich mag es dem einem oder anderem liegen den Kopf am frühen Morgen aus dem Zelt zu stecken und in die Augen einer wunderbaren Milchkuh zu schauen. Braunen Augen kann man ja auch schnell erlegen sein! Wir erreichten die erste Schutzhütte. Sie war allerdings schon überbelegt. Man wies uns auf eine weitere Schutzhütte oberhalb des Berges hin die auch noch auf unserer Karte verzeichnet war.

Bild4Wir gingen anhand von IGN Karten im Maßstab von 1:50000. Vor Ort kann man sich aber auch Karten im Maßstab von 1:25000 kaufen, wo auch jene kleineren Schutzhütten verzeichnet sind. Auf die Aktualität sollte man sich nicht zu sehr verlassen, da einige Hütten und Campingplätze nicht mehr existieren. Die zweite Hütte lag Luftlinie keine 100 m entfernt, aber höhenmäßig waren es dann doch gut 150 m und 20 min zu fuß. Der Weg lohnte sich dennoch. Die Aussicht war wunderbar und die Hütte war auch in der Qualität um einiges besser. Womit ich sagen will, dass sie mit Matratzen ausgelegt war und sogar ein Ofen vorhanden war. Bezahlen muss man nichts. Allerdings gab es an der Wand einen Kasten, in den man Geld einwerfen konnte. Die Rede war von zwei bis drei Euro mit dem Hinweis die Hütten damit auch weiterhin erhalten zu können. Dieser kleine Betrag sollte es einem sicher auch wert sein. Wenig später traf dann eine Gruppe Jugendlicher ein. Sie waren nur mit leichtem Gepäck und ohne Zelt unterwegs. Wir entschlossen uns aufgrund der Platzverhältnisse unser Zelt aufzubauen. In dieser Nacht regnete es mal nicht. Doch stattdessen gab es einen Sturm und ich hatte Angst das Zelt könnte abheben. Anhand Gregors Trekkingführers legten wir die Route für den nächsten Tag fest.

Bild5Der Tag sollte für uns drei Greenhorns der wohl schwerste unsere Tour werden. Was wir erst am nächsten Abend wissen sollten.
Der Tag begann für uns um halb acht. Eine Stunde später ging es dann auch schon los. Erst Richtung Spanien und dann in östliche Richtung zum Refuges Wallon über den Col de Cambales. Zu Anfangs ging es noch gemächlich bergab bis es dann nur noch bergauf weiter ging. Logisch befanden wir uns doch in den Bergen. Der Weg besteht zu großen Teilen nur aus Geröll. Dies erleichterte uns das vorwärts kommen nicht gerade. Dennoch kamen wir gut voran und erreichten gegen Mittag die spanische Grenze in gut 2200m Höhe.
Nun überlegten wir uns unseren weiteren Weg. Entweder entlang des H.R.P. (Haute Randonnée Pyrénéenne) kürzer, aber mit mehr Höhenmetern oder über die spanische Seite, länger dafür aber flacher. Wir entschieden uns dem H.R.P. zu folgen. Sollten aber später noch eines Besseren belehrt werden, was Anstieg und Festigkeit des Untergrundes betraf.
Unser Weg führte uns direkt über den Col de Cambales mit gut 2700m Höhe. Keiner von uns ist bis zu dem Zeitpunkt in größerer Höhe gewesen, bezieht man unseren Flug wenige Tag zuvor nicht mit ein. Der Aufstieg dorthin erwies sich für uns alle recht mühselig. Ging es doch hauptsächlich nur über Geröll hinweg, worauf man schwer halt findet.

Bild6Gregor war noch der Fitteste von uns und marschierte fast mühelos vor uns weg. Nach jeder bewältigten Ecke hofften wir uns Ziel in Augenschein nehmen zu können. Doch verbargen sich hinter jeder weiteren noch mehr Geröll und noch steilere Wege. Den Weg musste man schon förmlich suchen. Er war nur schwerlich als solchen zu erkennen. Zum Umkehren war es für uns schon zu spät, so dass uns nur die besagte Flucht nach vorn blieb. Dennoch schafften wir den für uns doch recht mühevollen Aufstieg und belohnten uns dort sogleich mit wohl schmeckenden Keksen. Okay eine gute Aussicht gab es als Beilage dazu. Das Wetter meinte es in jenem Augenblick noch recht gut mit uns. Wenig später erblickten wir schon die ersten Wolken, die aus dem Tal nach oben zogen. An Knotenpunkten findet man auf den Wegweisen neben der Zielangabe auch die Wanderzeit die man bis dorthin zirka benötigen würde. Nach dem aktuellem Stand lagen wir gut in der Zeit. Der Weg zum Refuges Wallon sollte allerdings dann doch länger dauern als wir dachten.

Bild7Nach einer fünfzehn minütiger Pause machten wir uns an den Abstieg. Die Karte verriet aber nicht, dass der Weg mal kurz in diesem Abschnitt fast senkrecht hinab gehen sollte. Ein unterfangen auf das ich mich nicht unbedingt einlassen wollte. Glücklicherweise fand sich rechts von uns noch ein Weg, auf dem wir sicherer die ersten Meter ins Tal fanden.
Oben auf dem Col hatten wir noch bestes Wetter und je tiefer wir ins Tal vordrangen desto schlechter wurde es und desto schwerer wurden auch unsere Füße. Wir fingen schon damit an Kurven um die Steine zu laufen, damit es unsere Füße noch so angenehm wie möglich hatten. Nun mag man sagen falsches Schuhwerk, doch sind meines Erachtens die Modelle Borneo und Island aus dem Hause Meindl keine schlechte Wahl hierfür gewesen. Wahrscheinlicher ist es, dass sie noch nicht richtig eingelaufen waren und wir schon zu viel Zeit in Ihnen verbrachten. (Für Tipps, welche jenes Problem zu lindern, bin ich jederzeit dankbar.)
So langsam näherten wir uns dem Refuges. Es machte sich dadurch bemerkbar, dass wir auf immer mehr Wanderer ohne viel Gepäck trafen. Dennoch beteten wir, dass hinter jeder weiteren Kurve unser Ziel lag und wir uns ausruhen können. Ironisch sei hierbei kurz zu bemerken, dass wir kurz vor Tagesziel auf einen Wanderer trafen, der in Badehose umher lief und das dazu mit einer unbeschwerten Leichtigkeit. In dem Moment wussten wir nicht was wir machen sollten: Lachen oder Weinen. Denn quälten wir uns so langsam Meter um Meter vorwärts und das bei vielleicht 15 Grad, springt er umher als sei es nichts leichteres. Nach gut 2,5 Stunden erreichten wir reichlich erschöpft das Refuges Wallon. Was kann man dazu schnell sagen. Also es liegt natürlich mitten im Gebirge, Nachschub gibt es nur per Hubschrauber und Preise für Unterkunft und Essen sind für Touristen wie gemacht, also teuer. Aber etwas gutes hat sie auch und zwar der kostenlose Zeltplatz nebenan, auf dem man getrost die Nacht verbringen kann.
Schnell schlugen wir unser Zelt am Bachlauf auf, zogen unsere qualmenden Schuhe aus und entließen so unsere Füße in die wohl verdiente Freiheit. Alsbald gab es dann auch schon was zu essen. Knorr Spaghetteria und eine Tasse Tee hatten wir uns verdient nach dem langen Tag. So ließ sich dann der recht anstrengende Tag ausklingen. Es schloss sich die allabendlichen Partie Skat an, die unser angehender Skatverrückter Christian immer wieder einleitete.

Jener Tag verlangte nun auch sein zweites Opfer Christian, dessen Knie- und Fußgelenke schmerzhaft nach Ruhe Ausschau hielten.
Bild8Der kommende Morgen bescherte uns ein wunderschönes Wetter. Im allgemeinen lässt sich dazu sagen, dass es in der früh meist recht freundlich war und es sich erst gegen Nachmittag zuzog und man mit einigen Regengüssen rechnen konnte.
Wir kochten gemütlich unser Kaffeewasser, schoben eine Stulle in die Backen und machten uns schon so langsam startklar. Wie fast immer gehörten wir zu den letzten, die sich am Morgen auf den Weg machten. Dies lag wie so oft an mir. Doch war ich der Ansicht, dass ich mich im Urlaub befand und ich nicht schon am Morgen hetzen muss. Der letzte war ich allerdings auch nur meist deshalb, weil ich Zeltträger war und dies ja am Ende zu packen war.
Unser Tagesziel war Cauterets, ein kleiner Wintersportort kurz vor dem Nationalpark.
Auf dem Weg vom Refuges Wallon in Richtung Cauterets kamen wir an der Pont d` Espagne (Brücke nach Spanien), eine alte Steinbrücke vorbei. Dieses Teilstück wird uns wohl als eine der schönsten in Erinnerung bleiben. Es sollte auch nicht mehr allzu viel werden.

Bild9Auf unserem Weg kamen uns reichlich Tageswanderer entgegen, so dass wir uns mit unseren Kraxeln schon etwas komisch vorkamen. Nach gut 2 Stunden erreichten wir die Pont d` Espagne und wir fanden Tourismus pur vor. Grund dafür waren eine Brücke oder vielleicht „Die Brücke“, ein Wasserfall und eine Seilbahn gab es da auch noch. Ein Vorteil hat so ein Tourismusgebiet schon, es fahren Busse hin. Was sich gut traf, da Christian große Probleme mit seinen Knien bekam und das Laufen mit Rucksack nicht das angenehmste in einer solchen Situation ist.
An der Pont d` Espagne wie auch an der Schutzhütte hat man mehrere Möglichkeiten verschiedene Wege einzuschlagen. Die meisten führen von da aus Richtung Süden nach Spanien.
Wir fuhren dann mit dem Bus nach Cauterets eine schöne Serpentinen Straße entlang. Jeder der sich noch fit genug fühlt, empfehle ich den Weg neben der Straße zu nehmen. Er bietet das schönere Schauspiel der Natur entlang eines Bachlaufes an. Kurz nach unserer Ankunft bekamen wir, wie immer am späten Nachmittag, schon wieder mal die ersten Regentropfen ab. Einen Zeltplatz fanden wir glücklicherweise recht schnell und auch zu einem moderaten Preis von gut zwölf Euro pro Tag für drei Mann. Wir verbrachten hier drei Nächte, damit Christian seinen schmerzenden Knien eine Pause gönnen konnte. Das Wetter änderte sich an den nächsten Tagen kaum. Am Tage war es bewölkt und am Abend kam wieder der Regen aus dem Tal hinauf. Schon klar soweit, wie kommen sonst die Wolken über die Berge. In einer Apotheke besorgte sich Christian selbstklebende Bandagen. Beim späteren entfernen erwiesen sie sich als äußerst hartnäckig.

Cauterets selbst ist als Thermalbad in den Pyrenäen recht bekannt. Einen Bahnhof mit schönem Fachwerk findet man hier auch. Allerdings hat da jemand vor Jahren schon die Schienen gemaust, so dass man Cauterts nur noch per Auto oder Bus erreichen kann.
Wir beratschlagten an jenen Tagen unsere weiteren Tourverlauf. Entweder zurück in die Berge oder weiter auf dem GR10 entlang. Auf der einen Seite hat es seinen Reiz noch mal die 2000m Marke zu durchqueren. Auf der anderen Seite gab es hier laut Christian nichts als Steine zu sehen und er vermochte es nicht einzuschätzen in wieweit seine Knie noch mitspielen werden.
Bild11So machten wir uns dann zwei Tage später auf den GR10 zu erkunden und zu beschreiten. Am Anfang schien wie immer alles noch recht gut zu verlaufen. Der Weg war gut beschrieben und die Sonne zeigte auch ein paar Lichtblicke. Gegen Mittag erreichten wir dann die Passhöhe und wie schön wir sahen nichts!!! Alles war Wolken verhangen und wir entdeckten unseren Irren. Na gut vielleicht war er nicht völlig verrückt, aber man konnte davon ausgehen wenn einer von einer Ecke in die andere läuft und dabei Selbstgespräche führt. Nachdem wir also „die Aussicht“ genossen hatten, ging es wieder bergab und das durch eine recht trostlose Landschaft. Wir fanden keine Bäume und recht breite Feldwege vor. Aber auch eine kleine Schäferhütte samt dazu gehörigem Schäfer, welcher uns beim Abstieg noch mal begegnete und uns freundlicherweise ein Stück mitnahm. Dadurch konnten wir uns gut eineinhalb Stunden Weg sparen. An seinem Hof hieß es dann für uns Endstation und den restlichen Weg zu Fuß zurück zu legen.
Unser Ziel war Luz-Saint-Sauveur. Dabei liegt die Betonung auf „war“. Denn wir erreichten es nicht ganz. Wie schon einige Tage zuvor hatten wir uns wieder mal zu viel vorgenommen und die Füße brannten schon wieder ins unseren Schuhen. Wir entdeckten auf der Karte ein Gite d´Etape, was soviel bedeutet wie Bett und Frühstück. Wir wählten es als Ziel aus. Es befand sich in einem netten kleinen Dörfchen. Jene Pension hatte sogar einen kleinen Zeltplatz für uns auf dem wir kostenlos nächtigen konnten. Trinkwasser fanden wir am Brunnen der Kirche und warmes Wasser gab es an jenem Abend dann auch zu hauf. Denn Christian wollte seine lieb gewonnen Bandagen los werden und wir dachten das geht mit warmen Wasser am besten. Zumindest ließ dies meine bescheidenen französisch Kenntnisse und ein Miniwörterbuch vermuten, beim lesen der Verpackungsaufschrift.
Na ja auf jeden Fall klebte das Zeug sehr gut und die Entfernung kam einer Enthaarung gleich. Da er fast jedes seiner Haare einzeln abschnitt, um es sich nicht raus ziehen zu müssen. Nur gut, dass es mehrere Lagen waren, sonst wäre der Spaß nur von kurzer Dauer gewesen. Irgendwann ließ er dann davon ab und verlegte den Rest auf den kommenden Tag.

Bild12Der nächste Tag zeichnete sich vor allem durch eins aus „kurze Laufzeit“. Wir erreichten Luz, ein Ort durch den noch vor wenigen Tagen noch die Große Schleife ihren Weg fand. Luz hat zwei große Zeltplätze im Norden, die auch gut ausgestattet sind, aber auch ihren Preis hatten. Zum Glück fand sich für uns noch einer im Ort. Er war dann auch weitaus gemütlicher und günstiger für uns. Die Sehenswürdigkeit hier ist ohne Zweifel die befestigte Kirche mit ihrer Verteidigungsmauer. Doch leider wer konnte es ahnen hatten wir keine Kamera dabei, so dass die Erinnerung an sie nur im Kopf erhalten bleibt. In Luz entschlossen wir uns das nächste Teilstück mit dem Bus zu fahren, um nicht auf der Straße laufen zu müssen. Jenes Teilstück führt zum Col du Tourmalet, gehört mit Sicherheit zu einer Herausforderung für den ambitionierten Hobbybiker unter uns. Will er einmal das Feeling „Tour de France“ am eigenen Leib erfahren. In Barèges begann es auch schon wieder mal zu nieseln, was unsere Stimmung doch merklich empor hob. Nun, wie auch immer, wir wollten es so, also schlugen wir uns auch hier durch. Anfangs ging es der Straße entlang bis zu einer Brücke und dem dahinter gelegenen kleinem Rastplatz. Es nieselte und nieselte weiter, was natürlich mächtig auf die allgemeine Stimmung drückte. Wir konnten leider nicht wie erhofft neben dem Rastplatz samt Gasthaus zelten. Auf der Karte entdeckten wir eine Schutzhütte. Sie sollte nicht mehr als eine Stunde entfernt liegen. Also wurde sie in Angriff genommen und wir erreichten sie dann auch gegen halb vier. Seine Erwartungen sollte man bei solch einer Hütte allerdings nicht zu hoch stecken. was dem geübten Trekker sicher nicht neu sein dürfte. Die Wolken hingen so tief, dass man kaum 20 m weit sehen konnte. Wir entschlossen uns in der Hütte zu nächtigen. Es waren sicher kaum mehr als zehn Grad an jenem Tag und nachdem wir einen Tee getrunken und was warmes gegessen hatten, lagen wir um fünf auch schon in unseren Schlafsäcken ganz eng beieinander. Eng aber nur weil wir nicht wussten wer sonst noch hier so schläft, wenn man das innere der Hütte betrachtet. Wenig später konnten wir uns dann auch schon denken wer hier noch nächtigt. Wir befürchteten schon das schlimmste, als jemand unregelmäßig an die Tür klopfte. Hatten wir doch kurz zuvor den ein oder anderen Witz gemacht. Gregor unser Held sah dann auch nach einer Weile nach und unser „jemand“ stellte sich dann als Ziegenbock heraus. Wir blockierten wohl sein Nachtlager. Er lief nur noch auf drei Beinen und schaffte wohl den Weg nicht mehr zurück ins Tal.
An jenem wunderbaren Tag fällten wir dann auch die Entscheidung ans Meer zu fahren, da wir nicht mit Wetterbesserung rechneten. Denn was lohnt es sich durch die Berge zu streifen, wenn man besagte Berge vor lauter Wolken nicht sieht. Ein weiterer Grund war, dass unsere Sachen nicht trocken wurden und es nicht ganz unser Fall war. Wer trägt am morgen schon gern nasse Kleidung?

Wir waren halt Weicheier an jenem Tag! Aber ich beschloss für mich in den kommenden Jahren noch mal hierher zurück zu kehren und die Tour zu Ende zu bringen. Denn es ist eine reizvolle Landschaft, wenn dies vielleicht auch nicht unbedingt so zur Geltung kam.
Bild13Nach mehreren Runden Skat schliefen wir dann auch so langsam ein und stellten den Wecker auf dreiviertel sechs. Wir wollten den ersten Bus von Barèges nach Lourdes erreichen. Wie wir nun so langsam munter wurden und unsere beschauliche Hütte verließen, sahen wir zum ersten mal, wie es um uns herum so aussah. So konnten wir dann auch endlich den Stausee und die Berge um uns herum in Augenschein nehmen. Jenes Gebiet dort zählt mit zu den größten Trinkwasservorkommen in Südfrankreich und es schließen sich noch weitere Stauseen und Talsperren an.
Es war ein wunderschöner Morgen. Die Luft war klar und keine Wolken waren am strahlend blauem Himmel zu sehen. Aber unser Entschluss stand fest, wir fahren ans Meer. Die halbtote Hippe strauchelte immer noch umher und hinterließ auch ein paar Blutflecken an der Tür. Wir sahen die Hütte als weit ab vom Schuss an. Gegen halb sieben wurden wir auch sehr überrascht, als die Tür aufging. Ein großer Schrecken fuhr uns sofort in die Knie. In dem Augenblick betrat ein Schäfer die Hütte und wies uns kurz darauf hin, die Tür zu verschließen. Er sagte „Scheiße per dut!“ und zeigte damit den Ziegenbock vor der Tür.

Wenig später ging es dann auch wieder hinab ins Tal zur Bushaltestelle, an der wir gestern erst ausgestiegen waren und fuhren zurück zum Start nach Lourdes.
Wir hatten vorher keinen großartigen Bezug zu der Stadt und haben ihn auch jetzt nicht unbedingt, doch weiß ich jetzt wie die Tochter von Madonna zu ihrem Namen kam.
Zu Lourdes lässt ich im Reiseführer folgendes finden. Im 19. Jahrhundert hatte die heilig gesprochene Bernadette, ein armes Mädchen, in der Grotte eine Erscheinung der Jungfrau Maria. Dies sorgt mittlerweile dafür das jährlich fünf Millionen Pilger Lourdes besuchen um die heilige Grotte zu besichtigen Dieser Tourismus Magnet sorgte auch dafür, dass Lourdes neben Paris die meisten Hotelbetten aufweisen kann. Da man ja mit allem heutzutage Geld verdienen kann. Bietet fast jedes Geschäft den Kauf von kleinen Fläschchen bis hin zum fünf Liter Kanister an, um heiliges Wasser aus der Quelle der Grotte mit nach Hause zu nehmen. Da die Quelle bei der Erscheinung zu Tage gekommen sein soll, hat sie einen hohen Stellenwert für Gläubige.
Nach einem Tag schönen Wetters und zwei geruhsamen Nächten ging es bei strömenden Regen daran zu packen und den Zug ans Meer zu erreichen. Am Meer liefen wir dann auch noch einige Tage die Küste entlang von Banyuls-sur-Mer bis nach Canet-Plage. Hierbei wurde der Strand mit jedem Kilometer feinkörniger. Am 5. September ging es dann für uns nach drei Wochen Südfrankreich wieder nach Hause.

Verwendetes Material:

  • Bruno Baumann „Abenteur Trekking – Pyrenäen“, ISBN 3-7654-2783-7
  • Michael Schuh „Pyrenäen Handbuch“ Reise Know-How, ISBN 3-89416-692-4