Eisklettern Ötztal und Sellrain/Kühtai

Autor: Andreas Landefeld

Dezember 2012, der Winter kündigte sich an und die Bedingungen beim Felsklettern wurden zunehmend schlechter. So kam die E-Mail von Frank, mit der Frage, wie es denn mit Eisklettern diesen Winter ausschaut gerade recht. Wir beschlossen in Verbindung zu bleiben und abzuwarten wie sich das Wetter entwickeln würde. Vor Weihnachten hieß es erstmal eine Woche Skifahren in Sölden im Ötztal. Bei der Fahrt durchs Tal sah ich die vielen teils sehr langen Eisfälle und Rinnen zu beiden Talseiten. So wuchs die Idee ins Ötztaler Eis zu fahren. Doch ein Wetterumschwung mit ungewöhnlich warmer Luft vereitelte zunächst die Idee und gab uns genügend Zeit die Hauen der Eisgeräte auf Rasiermesserstand zu bringen.

Anfang Februar war es dann so weit, Frank, mein Vater Norbert und ich fuhren ins Tal. Unsere Frühstückspension in Umhausen war ein idealer Ausgangspunkt zur Erkundung der umliegenden Klettermöglichkeiten. Bei der Fahrt durch das Tal mussten wir leider feststellen, dass ein Großteil der Eisfälle sich nach der langen Wärmephase nicht erholt hatten bzw. in sich zusammengefallen waren.

Alzenbachl Eisfall bei Zwieselstein (9 Seillängen, WI 4-)
Alzenbachl Eisfall bei Zwieselstein (9 Seillängen, WI 4-)

So wählten wir für den ersten Klettertag eine etwas höher gelegene Klettermöglichkeit. Der Alzenbachl Eisfall ist von Zwieselstein in 30-45 min erreichbar. Er liegt auf 1650m und umfasst 9SL. Bis auf die 4.Sl (WI 4-) liegt die Schwierigkeit zwischen 2 und 3, sollte aber aufgrund der Länge und primär Ständen im Eis nicht unterschätzt werden. Auch kann es unangenehm zügig in der Rinne sein, wie wir erfahren mussten. Dennoch ist eine sehr schöne lange Tour mit abwechslungsreichen Eisformationen und einem wunderbaren Blick ins Ötztal. In die oberen Seillängen scheint nachmittags die Sonne und kann dem Eis stark zusetzen. Nach der 6.Sl entschieden wir uns deswegen für ein Ausstieg rechts über einen Gully und Eis im Schatten. Oben, auf über 2000m angekommen lag der Schnee sehr hoch. Der Abstieg war im Führer mit 1,5h bis 2h angegeben. Doch man brach durch eine dünne Harschschicht häufig bis zur Hüfte ein, was das ganze verzögerte und die Nacht hereinbrechen lies. Den Weg durch die Kühtrainschlucht verpassten wir und ließen uns zu einem Skitouristenpreis von Moos nach Zwieselstein zum Auto befördern. In Umhausen im Gasthof Krone mundete das Bier allerdings dann umso besser. Wir waren noch öfter im Gasthof Krone und die Herzlichkeit des Wirt und das super Essen kann ich einfach nur empfehlen.

Am zweiten Tag kletterten wir den Kühtaibacherl-Eisfall. Man parkt in der letzten Serpentine vor Ochsengarten und läuft in ca. 15 min bergan zum Eisfall. Mit 3-4 Seillängen (WI 3) ist es ein schöner, angenehm übersichtlicher Eisfall. Bei viel Schnee kann die Kletterei allerdings einiges an Wühlen abverlangen.

Für den dritten Tag schauten wir in das Mixed-Gartl, ebenfalls im Gebiet vor Ochsengarten. Die Eistour (WI 5-) ist sehr schön und die von links einquerende Mixedroute ist gut machbar und sehr gut mit Bohrhaken abgesichert. Etwas links vom Mixed-Gartl gibt es noch eine schöne Rinne und die Ghostbuster-Routen. Leider waren sie an diesem Tag allesamt von Kursen belegt.

Am letzten Tag fuhren wir erneut in das Gebiet bei Ochsengarten. Wir wählten die Sir Max (3SL, WI 5-) als Route. Man sieht diese beeindruckende und durchweg schwere Tour von der Straße aus. Ein Zwischenstand kann sehr gut geschützt hinter einem Eisvorhang eingerichtet werden. Frank stieg diese oft sehr steile und anhaltende Tour sauber durch. Sein freudiges Gesicht am Ausstieg sprach aus was wir alle nach der Tour fühlten. Sie war ein toller Abschluss und man fühlte sich jetzt eigentlich so richtig fit und bereit für mehr in dieser Schwierigkeit. Doch leider war unser Kurzurlaub hiermit nun schon vorbei. Am späten Nachmittag wanderte ich zum Stuibenfall bei Umhausen. Mit 159m ist es der höchste Wasserfall Tirols. Er ist sehr imposant und kann von mehreren Plattformen, aus verschieden Höhen eingesehen werden. Durch die Gischt entstehen interessante Eisformen am Rand. Damit er durchfriert braucht es allerdings schon einen unangenehm langen und harten Winter.

Ende März, noch vor Ostern, entschieden Frank und ich spontan für einen weiteren Abstecher ins Ötztal zu kommen. Zwar sollten die Temperaturen im Tal über 0°C, doch in den Höhenlagen, zumindest vormittags, im eisigen Bereich liegen.

Stuibenfall bei Umhausen
Stuibenfall bei Umhausen

Als erstes kletterten wir im Ochsengarten rechts von der Tomb Raider eine Eisspur über 2Sl mit max. WI 3 und gelangten über eine Seillänge durch Schnee zu einer steilen Rinne und rechts davon einer ca. 35m hohen Eissteilstufe. Wir entschieden uns für die Rinne (ca WI 4+), die auf etwa 50m bestes Eis und tolle Kletterei aufwies. Anschließend schauten wir uns die Steilstufe genauer an. Sie war sehr röhrig und sehr nass, sodass wir sie auf ein anderes Mal vertrösteten. 😉 Nach dem Abstieg über die Tour querten wir nach links zur Tomb Raider Tour (4SL, WI 4+). Die im Topo eingezeichneten Bohrhakenstände stimmten nur mit der 1.Sl überein. Danach waren Eis- und Baumstände vorrangig. Die Tour ist ebenfalls empfehlenswert, dabei sind die letzten 2 Seillängen besonders schön.
Am Tag darauf kletterten wir Soul Reaver (3 SL, WI 5-) welche links von Tomb Raider direkt oberhalb der Schneise zu finden ist. Der erste Stand ließ sich links am Rand, gut geschützt einrichten. Danach folgte eine Seillänge mit einer längeren Steilstufe und gutem Stand im Eis. Die abschließende Kurze Seillänge war nochmals steil aber in etwa so schwer wie vorhergehende. Bei dem gegebenen Eiszustand entsprach die Gesamtroute eher der Schwierigkeit WI 4+.

Wir seilten über die Tour ab und liefen zum Auto. Die Luft hatte sich merklich erwärmt und so überlegten wir am Nachmittag in ein anderes Gebiet zu fahren um Erkundungen für die nächste Eissaison anzustellen und evtl. noch etwas zu klettern. Von Ochsengarten gelangt man zum dem mit etwa 2000 m höchstgelegen Skigebiet Tirols, Kühtai. Hat man sich hier durch die von Skifahrern überfüllte Stadt durchgeschlängelt gelangt man talabwärts nach Gries im Sellrain (ca. 1200 m). Von hier geht es rechts ab nach Lüsens. Vom Gasthof Lüsens eine Loipe entlang bis auf der linken Seite drei markante Eisfälle (auf ca. 1750 m) zu erkennen sind. Etwas links abseits befindet sich die sog. Übungsrinne, mittig Easy Afternoon und rechts die Hägenden Gärten. Von der Loipe quert man das Schneefeld zu dem jeweiligen Fall. Auf dem Schneefeld können Schneeschuhe äußerst hilfreich sein. Ohne liefen wir wie auf rohen Eiern und brachen doch immer wieder ein. Aus der Nähe zeigte sich, dass es schon zu spät am Tag war und die Wärme der Eisqualität stark zugesetzt hatte. Wir kehrten daher um und genossen auf dem Rückweg einen Kaffee in der Sonne eines Cafe’s bei Ochsengarten.

Insgesamt bietet das Ötztal zusammen mit dem Gebiet Sellrain/Kühtai jede Menge lohnende Eisklettermöglichkeiten. Beide Gebiete sind sehr gut erreichbar, mit relativ kurzen Zustiegen (meist unter 30min) und abwechslungsreichen Anstiegen im Eis. Bei ungünstigen Bedingungen in den Tallagen besteht die Möglichkeit in wenigen Minuten Fahrzeit in den Höhenlagen gute Bedingungen anzutreffen. Für den nächsten Winter sind die Hauen schonmal vorsorglich geschliffen. Frank wie sieht es bei dir Mitte Dezember aus? 🙂

Kurzinfos

  • Anreise: Aus Deutschland über Innsbruck (Maut) oder Fernpass (Mautfrei: Nr. 171 ab Imst)
  • Ausgang: Zwischen Oetz und Längenfeld (bei schlechten Bedingungen im Tal, gelangt man von hier in wenigen Autominuten in die höher gelegenen Gebiete zw. Taxegg und Ochsengarten)
  • Beste Zeit: Dezember bis Anfang März (in den höheren Lagen teilweise bis Ende März)
  • Kletterführer: Eisklettern in Tirol und http://www.climbers-paradise.com/
  • Unterkunft: Durch die sehr gute touristische Erschließung des Ötztals ist eine Unterkunft auch relativ spontan buchbar
  • Material: In Sölden im Sporthaus Riml (Dorfstraße) gibt es eine kleine Auswahl an Eiskletterausrüstung
  • Alternativen: Aquadome , Kletterhalle Imst, Apres Ski Sölden :), Wanderung zum Stuibenfall bei Umhausen