Tourenbericht Berner Oberland und Wallis

Nadelhorn 4327m, Wallis, Ausgangsort Saas Fee (1800m), Route NO-Grat, WS/II

Bild 10Nachdem wir uns einen Ruhetag gegönnt hatten, an dem wir Zermatt besucht haben und etwas herumgewandert sind, um uns das Matterhorn anzuschauen, fahren wir am 24.8.`04 in strömendem Regen aus dem Zermatter Tal heraus. Nach guten Wetterprognosen des Campingplatz-Chefs, nicht des Wetterdienstes, und der Empfehlung, das Nadelhorn zu versuchen, sind wir auf dem Weg nach Saas Fee. Auf dem großen Besucherparkplatz angekommen regnet es noch immer wie die Sau! Wir bleiben also erst einmal im warmen Auto sitzen und zweifeln an den Prognosen des „Attermenzen“. Schließlich, nach einer Stunde Dösen und Hin und Her, gehen wir los. Es hatte kurz aufgehört zu schütten und so waren wir erst nach einer halben Stunde durchgeweicht. Tagesziel sind die Mischabel-Hütten auf 3329m, Saas Fee liegt auf Bild 1ca. 1800m, was nach Adam Riese einen Unterschied von 1529Hm macht, welchen wir am Abend noch in den Beinen spüren sollten. Der Aufstieg, zunächst über äußerst steile Wanderwege, führt uns nach ca. 3½ h an den Beginn eines klettersteigmäßig abgesicherten Felsgrates. Der Regen hat sich hier oben schon in Schnee verwandelt und so schleichen wir noch weitere 2½ h über verschneite, rutschige Felsen, an Drahtseilen und über eine steile Leiter in Richtung Hütte empor. Nach jedem Aufschwung erwarten wir die Hütte, doch der Nebel spielt mit uns ein Versteckspiel besonderer Art und so wird der Weg schier endlos.
Bild 7Erschöpft, aber doch erleichtert an der Hütte angekommen zu sein, machen wir es uns erst einmal vor dem gut geschürten Ofen im Trockenraum gemütlich und versuchen die Nässe aus unseren Jacken, Hosen, Schuhen und auch den Rucksäcken zu bekommen. Die Hütte ist so gut wie leer. Nur zwei Engländer sind, außer uns, im Sauwetter heraufgekommen. Entsprechend familiär ist die Atmosphäre und wir schlagen uns die Bäuche mit reichlich warmer Suppe und Tee randvoll. Langsam wieder aufgetaut, besprechen wir unseren Gipfeltag und holen alle nötigen Infos beim Hüttenwart ein. Auch er sagt gutes Wetter voraus, will uns aber nicht zu früh wecken, da es ja keinen Sinn macht im Stockfinstern „da oba rumzusuachn“. Gesagt getan. Um 4Uhr in der Früh stehen wir auf. Frühstück, Rucksäcke packen und auf geht´s in den schonBild 8 leicht rötlich dämmernden Morgen. Zunächst verfolgen wir weiter den Felsgrat vom Vortag. Doch heute, unter weit besseren Bedingungen, da es aufgeklart hat. Die eine Stunde vor uns aufgebrochenen Engländer, erreichen wir am Beginn des Hohbalmgletschers. Hier seilen wir uns an und überqueren den Gletscher in einem großen Rechtsbogen entlang der 3600m Höhenlinie und steigen im Zick-Zack zum Windjoch auf, wo wir noch einmal etwas trinken und essen. Der Weg ist mühsam, denn der Neuschnee der vergangenen zwei Tage ist weich und tief. Nachdem wir, bis hierher immer den Engländern gefolgt waren, übernehmen nun wir die anstrengende Arbeit des Spurens und wühlen uns abwechselnd durch den knietiefen Schnee am NO-Grat des Nadelhorns entlang. Einige Kletterstellen im 2. Grat werden überwunden und nach nochmals steilem Gipfelanstieg, drängen wir uns um ca. 10.30Uhr, zu viert, auf dem schmalen Gipfel des Nadelhorns (4327m), um Fotos zu schießen und die wahnsinnige Aussicht auf die Nordflanke des benachbarten Doms zu genießen. Wenig später tauchen auch die Engländer auf und wir gratulieren uns gegenseitig zum erreichten Ziel. Der Abstieg erfolgt wiederum über den NO-Grat zum Windjoch, unter Bild 11der imposanten NO-Wand der Lenzspitze entlang, über den Hohbalmgletscher zurück zur Hütte. Hier wird wieder zügig zusammengepackt und der anstrengende Hüttenabstieg nach Saas Fee in Angriff genommen. Mit schmerzenden Beinen kommen wir 3h später am Parkplatz an und schon bald nicken meine Kameraden ein, als ich unser Gefährt zurück nach Randa zum Zeltplatz steuere…
Dort angekommen, schütten wir uns durstig einen Liter Schweizer Bier die trockene Kehle hinunter und hauen uns die Bäuche mit Suppe, Nudeln und Dosenkompott voll. Sehr lang wird der Abend nicht, denn schon bald übermannt uns die bleierne Schwere der Müdigkeit und wir verkriechen uns in unsere Zelte.